24  Baukalkulation: Vorsicht bei der
Umlage von Baustellengemeinkosten

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Das Verwaltungsgericht Wien hat das Ausscheiden des Angebots eines Bieters, der, trotz Vorhandenseins von Positionen für die Baustellengemeinkosten diese umgelegt hat, als rechtskonform angesehen. Begründet wurde der Ausschluss vom Auftraggeber mit dem "Kostenverursachungsprinzip", das auch in der ÖNORM B 2061 verankert ist und das Verwaltungsgericht Wien führt auch zur "Spekulation" aus. Leider wurde das "Kostenverursachungsprinzip" völlig falsch verstanden und auch die aufgezeigten Spekulationsmomente sind zwar mathematisch, aber nicht betriebswirtschaftlich nachvollziehbar. Dazu, und zu weiten "betriebswirtschaftlichen" Erkenntnissen in der Entscheidung in der Folge einige Anmerkungen.

TIPP: Da sich manche öffentlichen Auftraggeber ihr eigenes "betriebswirtschaftliches Universum" schaffen und die Judikatur jeder Art von Mischkalkulation skeptisch gegenübersteht, sollten im LV vorhandenen Positionen für die Erfassung von BGK genutzt werden und auf Umlagen, auch wenn sie betriebswirtschaftlich sinnvoll und ÖNORM B 2061-konform sind, verzichtet werden.

 

Zum Erlangen eines vertieften betriebswirtschaftlichen Verständnisses und für Anregungen, wie eine Kalkulation aufzubauen ist und begründet werden kann, besuchen Sie das WEBINAR Baukalkulation und ÖNORM B 2061; Weitere Informationen …

Zum Kostenverursachungsprinzip und zu diesem Fall gibt es einen Videobeitrag: Zum Videobeitrag ... (beachten Sie die Datenschutzbestimmungen der fremden Webdeite | YouTube)

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Beitrag vom 13.06.2024; geändert 29.06.2024

 

Die Bauwirtschafts- und Bauvertragsserie

Bauvertrags und Nachtragsmanagement (2023)

 

(Keine) Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021)

 

Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020)


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Beitrag: Vorsicht bei der Umlage von Baustellengemeinkosten

Der nachfolgende Beitrag baut auf folgenden Quellen auf:

·       ZVB 2024/34: LVwG Wien 18.10.2023, VGW-123/072/9969/2023. https://legacy-rdb.manz.at/document/rdb.tso.ENzvb20240307

·       Die originale Entscheidung im Volltext (Download bei RIS) … bzw bereits markiert, um das Vorbringen des Bieters, des AG und die Erwägungen des VGW leichter zu erfassen: Zum Download … (.pdf).

Der folgende Text basiert auf einem Beitrag in der Fachzeitschrift ZVB. Auf der Publikationsseite ist der downloadbare Originalbeitrag verfügbar! Zur Publikationsübersicht ... und weiter unter "Artikel & Beiträge" und dort ZVB 2024/75).

 

Beitrag

 

Bauvorhaben und Ausschreibung

Es ging in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich um die Vergabe eines Werkvertrags (Bauauftrag) betreffend Maler- und Anstreicherarbeiten (ca. 3.000 m2 Lackbeschichtungen und ca. 13.000 m2 Dispersionsbeschichtung sowie 150 Wochen "Kosten eigene Baubetrieb"). Auftraggeber des Bauauftrags ist die Stadt Wien – Wiener Wohnen.

Betreffend der Baustellengemeinkosten waren die Positionen der LB-HB verwendet. Eigene Positionen waren für

·       das Einrichten der Baustelle (01.1101A),

·       die Räumung der Baustelle (01.1101B)

und für die durchschnittlichen zeitgebundenen Kosten, Gerätekosten und sonstige Kosten der Baustelle pro Woche (01.1102) waren vorgesehen

·       Kosten eigene Baubetrieb (01.1102A),

·       Kosten eigene Stillliegezeit (01.1102B),

·       Kosten SiGe Baubetrieb (01.1102C) und

·       Kosten SiGe Stillliegezeit (01.1102D).

 

In den letzten vier Positionen (01.1102 A bis 01.1102D) wurde jeweils einen Preis von 0 Euro angeboten.

Die Aufklärung des Bieters

In der Aufklärung hat der Bieter mitgeteilt, dass in der Kalkulation sämtliche nicht direkt zuordenbaren Lohn- und Gehaltskosten den Geschäftsgemeinkosten zugeordnet zu habe, da in Ausschreibungen über Malerleistungen üblicherweise keine zeitgebundenen Baustellengemeinkosten in separaten Positionen ausgewiesen würden. Der Lohnanteil in diesen Positionen sei deshalb mit null angesetzt. Der Zuschlag für Geschäftsgemeinkosten sei demgegenüber etwas höher angesetzt. Angaben dazu, in welcher Höhe, die nicht direkt zuordenbaren Lohn- und Gehaltskosten zugrunde gelegt wurden, hat der Bieter in der Aufklärung nicht gemacht.

Die Ausscheidenserklärung

Der Auftraggeber stützte sich in der Ausscheidensentscheidung auf § 141 Abs 1 Ziffer 3 BVergG 2018 und führte aus, dass der vom Bieter angefochtene Preis nicht plausibel zusammengesetzt sei und eine spekulative Preisgestaltung aufweise. Der Bieter habe die Kosten nicht in den Positionen kalkuliert, wo sie verursacht würden. Die Verlagerung von Kosten in andere Positionen sei nicht zulässig.

Konkret hat in der Ausscheidungserklärung der AG wie folgt festgehalten: "Aus Ihren Aufklärungen geht hervor, dass das Kostenverursachungsprinzip nicht beachtet wurde. Kosten sind in den Positionen zu kalkulieren, wo diese verursacht werden. Die Verlagerung von Kosten in andere Positionen ist nicht zulässig."

Verwaltungsgericht (wesentlicher Entscheidungssatz 1)

"Darin, dass im vorliegenden Fall die Kosten eigener Baubetrieb, die Kosten eigene Stillliegezeit, die Kosten SiGe Baubetrieb und die Kosten SiGe Stillliegezeit entgegen den bestandsfesten Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen nicht in den dafür vorgesehenen Standardpositionen des Leistungsverzeichnisses ausgewiesen wurden, sondern von der Antragstellerin (Ast; =Bieter) als Zuschlag für Geschäftsgemeinkosten im K3-Blatt kalkuliert und auf die einzelnen Leistungsstunden umgelegt wurden, liegt eine Umlagerung von Kosten (Mischkalkulation), die das Angebot der Ast ausschreibungswidrig macht."

Anmerkung zum Kostenverursachungsprinzip

Die Betriebswirtschaftslehre kann für die Kostenrechnung keine Verrechnungsgesetze aufstellen, sondern mehrere Kostenverrechnungsprinzipien nennen. Die Prinzipien stehen teilweise sogar in Konkurrenz zueinander und es ist mit einem sinnvollen Mix aus den einzelnen Prinzipien eine plausible Kalkulation zu gestalten. Der Hauptleitsatz ist, dass die Kosten so weit wie möglich dem kostenverursachenden Kalkulationsobjekt zugeordnet werden sollen. Das ist das Kostenverursachungsprinzip.

In meinem Buch Baukalkulation, … (Seite 13) habe ich das Kostenverursachungsprinzip als zentrales Prinzip der Kostenrechnung bezeichnet. Dem Kalkulationsobjekt (zB einer LV-Position oder dem Mittellohnpreis) sollen jene Kosten zugerechnet werden, die durch das Kalkulationsobjekt verursacht werden. Weil diesem Prinzip in der Praxis nicht nachgekommen werden kann, führt das zur Trennung in direkte (das sind die zugeordneten Kosten) und in indirekte Kosten (das sind die, die auf anderem Weg eine Verrechnung finden müssen; sie werden Gemeinkosten genannt. Das Durchschnittsprinzip ergänzt dann das Verursachungsprinzip (Seite 15).

Die St. Gallen Business School (SGBS) führt das noch prägnanter aus (Link …): "Nach dem Kostenverursachungsprinzip sind den Kostenträgern nur die Kosten zuzurechnen, die auch durch sie verursacht wurden." Sie stellt aber auch klar, dass dem in einer Vollkostenrechnung nicht nachgekommen, weil sich alle Kosten, unter dem Regime dieses Prinzips nicht erfassen lassen. Sie leitet zum Durchschnittsprinzip weiter, wonach der Rest der Kosten durchschnittlich (und nicht verursachungsgerecht) auf die Bezugsgrößen (Kalkulationsobjekte verteilt werden.

In meinem Buch Baukalkulation, … (Seite 41) habe ich daher auch darauf verwiesen, dass "Einzelkosten" (= "direkte Kosten") und "Gemeinkosten" (= "indirekte Kosten") keine Kosteneigenschaft darstellen, sondern sich aus der individuellen Kostenrechnung/Kalkulation ergeben.

Für die nicht direkt zugeordneten Kosten, den Gemeinkosten, stellt die ÖNORM B 2061 die Kostenartengemeinkosten (Personal-, Material- und Gerätegemeinkosten), Umlage in Zeile 17 des K3-Blattes, die Spalte D des K2-Blattes und den Geschäftsgemeinkostenzuschlag des K2-Blattes zur Verfügung. Für Baustellengemeinkosten stellen manche Leistungsverzeichnisse eigene Positionen zur Verfügung.

Richtig, aber nicht abschließend, führt die ÖNORM B 2061 aus:

4.2 …
Es ist das Kostenverursachungsprinzip zu beachten. Demnach sind jedem Kalkulationsobjekt (eine Kostenart, eine Leistungsposition u. dgl.) jene Kosten zuzurechnen, die durch das Kalkulationsobjekt verursacht werden. Allerdings dürfen, bezogen auf das Kalkulationsobjekt, geringfügige Kostenanteile auch in Form von allgemein bzw. aus der Erfahrung hergeleiteten Zuschlägen oder Umlagen berücksichtigt werden.

Allein daraus würde sich ergeben, dass außer geringfügige Kostenanteile keine weiteren Umlagen vorgenommen werden dürfen. Unbestritten ist jedoch, dass der Gesamtzuschlag den zugerechneten direkten Kosten aufzuschlagen ist.

Es kann auch mit Umlagen oder Verrechnungssätze dem Kostenverursachungsprinzip nähergekommen werden. Die Gemeinkosten "Personalverrechnung" den Personalgemeinkosten (K3-Blatt) zuzurechnen trifft das Prinzip eher, als über einen einzigen Geschäftsgemeinkostenzuschlag (K2-Blatt) auf alle Kostenarten auch das Material damit zu belasten (Material verursacht keine Personalverrechnungskosten). Gottseidank wird trotz Verlassen des Kostenverursachungsprinzips diese Art der Umlage nicht als "Mischkalkulation" gebrandmarkt. Die Kalkulationsfreiheit ist in einer freien Marktwirtschaft ein hohes Gut. Auch die ÖNORM B 2061 hebt die Kalkulationsfreiheit hervor (siehe Abschnitt 1).

Die Position "Kosten eigene Baubetrieb" ist eine Gemeinkostenposition und nur (möglicher) Kostenträger von durch den Baubetrieb verursachte "eigene Kosten".

Die Position "Kosten eigene Baubetrieb" verursacht keine Kosten. Nach dem Kostenverursachungsprinzip sind dieser Position daher keine Kosten zuzuweisen. Die eigenen Kosten verursacht durch Baubetrieb (das ist das Erstellen der Leistung) entstehen durch die Erbringung der mit den Leistungspositionen vereinbarten Leistungen.

Im gegenständlichen Fall geht es um Bauleitungskosten. Die Ausführungen beziehen sich speziell auf diese.

Bauleitungskosten werden durch die Leistungserbringung wie Dispersionsfarbe aufbringen an Wänden, Decken usw oder Anstriche auf Metall verursacht. Die Argumentation des Auftraggebers mit dem Kostenverursachungsprinzip ist daher betriebswirtschaftlich widersinnig und falsch. (Der AG hat nämlich in der Ausscheidenserklärung wie folgt festgehalten: "Aus Ihren Aufklärungen geht hervor, dass das Kostenverursachungsprinzip nicht beachtet wurde. Kosten sind in den Positionen zu kalkulieren, wo diese verursacht werden. Die Verlagerung von Kosten in andere Positionen ist nicht zulässig."

Eine Leistungsposition ist Verursacher von jenen Kosten, die für die Erbringung der in der Position beschriebenen Leistung erforderlich sind. Eine Leistungsposition ist Kostenverursacher und nach dem Kostenverursachungsprinzip auch Kostenträger. Nachdem Kostenverursachungsprinzip dürfen von einer Leistungsposition verursachte Kosten nicht auf andere Kostenträger (zB andere Leistungspositionen) umgelegt werden. Dann liegt eine mit dem Kostenverursachungsprinzip nicht kompatible Mischpreiskalkulation vor. Dass vergaberechtlich diese Art der Mischpreisbildung verpönt ist, ist auch betriebswirtschaftlich begründet.

Ganz anders aber der Umgang mit Gemeinkosten. Das Kostenverursachungsprinzip verlangt, so weit wie möglich Kosten der kostenverursachenden Leistung zuzurechnen. Die Gemeinkosten sollen so gering wie möglich gehalten werden. Das kann ein Unternehmer extensiver vornehmen als ein anderer, deshalb darf auch das Verhältnis zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten im Vergleich von Kalkulationen einzelner Unternehmer abweichen.

Gemeinkostenpositionen sind nicht Kostenverursacher, sondern (nur) Kostenträger von jenen Kosten, die zuvor nicht den Einzelkosten zugerechnet wurden.

Allerdings haben Positionen innerhalb der Leistungsgruppe "Baustellengemeinkosten" oft einen hybriden Charakter, weil sie auch die Erbringung einer konkreten Leistung vorsehen. Das gilt jedenfalls für Einrichten und Räumen der Baustelle. Aber auch die Position "Kosten eigene Baubetrieb" kann konkrete Leistungen verlangen (zB Vorhalten und Betrieb von Mannschaftscontainern). Aber für Bauleistungskosten ist das anders.

Regelungen in der ÖNORM B 2061 zu Personalkosten der zeitgebundenen Kosten der Baustelle

Insbesondere für Personalkosten der zBGK enthält die ÖNORM B 2061 eine (im Einklang mit den betriebswirtschaftlichen Ausführungen zuvor) besondere Regelungen:

6.2.2.2.2  Zeitgebundene Kosten der Baustelle
Zeitgebundene Kosten fallen bei der Leistungserbringung über längere Zeitabschnitte in annähernd gleichbleibender Höhe je Zeiteinheit an. Sie fallen auch bei Leistungsunterbrechungen an, bei längerer Dauer der Leistungsunterbrechung (Stillliegezeit) allenfalls in verringerter Höhe.
Sie umfassen insbesondere:
- Personalkosten, soweit sie nicht sachlich begründet den Einzelpersonalkosten oder den Geschäftsgemeinkosten zugeordnet werden, z. B. für Projekt- und Bauleitung, Arbeitsvorbereitung, Abrechnung, Überwachung der Arbeitsleistung, Bedienung von Vorhaltegeräten, …

Dazu wird zum Teil die Meinung vertreten, dass die "sachliche Begründung" ausschließlich nur dann gegeben ist, wenn keine Positionen für die BGK im LV vorgesehen sind. Nur das hätte man (1) auch so konkret in die Norm aufnehmen können und (2) sprich der fehlende Hinweis bei den anderen Kostenarten dagegen, weil bei fehlenden BGK-Positionen auch diese anderweitig zugeordnet werden müssen. Daher vertrete ich eine andere Meinung. Sachliche Gründe sind weiter gefasst. ZB sehen viele Unternehmer die Personalkosten Bauleitung als Teil der Geschäftsgemeinkosten, weil

·       diese Personen neben der Bauleitung auch noch andere Tätigkeiten ausüben (zB Kalkulation oder administrative Tätigkeiten) und sich die Kosten nicht exakt trennen lassen oder weil

·       eine Umlage eine größere Vergütungssicherheit bietet, da die Beschäftigung (geplante Verrechnung von Einzelkosten) als Kostenträger ein zutreffenderer und besser prognostizierbarer Kostenträger ist.

Sowohl das auch in der ÖNORM verankerte Kostenverursachungsprinzip als auch Abschnitt 6.2.2.2.2 ließen eine Zurechnung der Bauleitungskosten auf die Leistungspositionen zu.

Leistungsbeschreibung Hochbau

Nach der LB-HB gilt: "1. Allgemeines: Baustellengemeinkosten sind im Sinne der ÖNORM B 2061 angeboten."

Weiters: "0111    Zusammenfassung der Baustellengemeinkosten | In dieser Unterleistungsgruppe sind die Baustellengemeinkosten sowie die Leistungen für die Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in Sammelpositionen, für die im Leistungsverzeichnis keine Einzelpositionen vorgesehen sind, zusammengefasst.

Und: "011102    Durchschnittliche zeitgebundene Kosten, Gerätekosten und sonstige Kosten der Baustelle. | Die einzelnen Kosten werden summiert und auf die geplante Baudauer umgelegt (durchschnittliche Kosten je Woche)."

Aus dieser (zweiten und vor allem dritten) zitierten Formulierung der Leistungsbeschreibung Hochbau hat das Verwaltungsgericht offenbar ein zwingendes Auspreisen der Baustellengemeinkosten Positionen gesehen. Auf die erst zitierte Bestimmung ist das Gericht nicht eingegangen. Es hat ausgeführt: "

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Die o.a. Festlegungen haben einen eindeutigen Erklärungswert dahingehend, dass die in den Positionen 01.1102A bis 01.1102D genannten Kosten in diesen Positionen auszuweisen sind. Positionen an einer anderen Stelle des Leistungsverzeichnisses sind dafür nicht vorgesehen."

Nach der LH-HB sind die "durchschnittlichen zeitgebundenen Kosten" zu erfassen. Zeitgebundene Kosten fallen bei einer Leistungserbringung in einem wesentlichen Ausmaß an. Die gesamten Personalkosten sind zeitgebundene Kosten. Aber ein Großteil der zeitgebundenen Kosten wird den Leistungspositionen zugerechnet. Nach dem Kostenverursachungsprinzip so viel wie möglich, um den undifferenzierten Gemeinkostenblock so gering wie möglich zu halten. Die betriebswirtschaftliche Fachkunde eines Bieters sieht diese Möglichkeiten, weil sie gar nicht gegen den Wortlaut der LB-HB verstoßen und in der ÖNORM auch dargelegt sind.

VGW: "Dasselbe gilt für das Vorbringen der Antragstellerin zu den Bestimmungen der ÖNORM B 2061. Das Beweisverfahren hat nicht ergeben, dass die Festlegung der Ausschreibung im Leistungsverzeichnis zur gesonderten Ausweisung der o.a. Kosten in den Positionen 01.1102 A bis 01.1102 D gegen die ÖNORM verstoßen würde. Die bestandsfeste Festlegung bindet jedoch jedenfalls die Bieter und die Auftraggeberin dahingehend, dass die dort festgelegte Vorgangsweise einzuhalten ist (Ra 2019/04/0083). Vorliegend ist daher der Maßstab für die Prüfung von Abweichungen des Angebots, soweit diesbezüglich in der Ausschreibung Festlegungen getroffen wurden, nicht die ÖNORM, sondern die bestandsfeste Ausschreibung."

ÖNORM und LB-HB stehen nicht im Widerspruch. Der betriebswirtschaftliche Schönheitsfehler in der Begründung liegt darin, dass sich das VGW mit dem Begriff Gemeinkosten nicht auseinandergesetzt hat und unreflektiert Bauleitungskosten mit Gemeinkosten gleichgesetzt hat.

Wegen dieser Auslegung des VGW der eindringliche Ratschlag, BGK-Positionen im LV nicht zu ignorieren. ZU hoffen bleibt, dass die betriebswirtschaftlichen Umstände, betriebswirtschaftliche Regeln und die Kalkulationsfreiheit in Zukunft mehr Berücksichtigung finden werden. Wie gezeigt, ist die Abgrenzung von Bauleitungskosten bezüglich der Zuordnung zu den Einzelkosten, Baustellengemeinkosten oder Geschäftsgemeinkosten nicht im Sinne eines Gesetzes (wie zB bei einer Geschwindigkeitsübertretung) mit dem Rasiermesse ziehbar. Aus Sicht der modernen Betriebswirtschaftslehre, die versucht, immer bessere Zuordnungen zu finden um dem Kostenverursachungsprinzip gerechter zu werden, ist die Entscheidung zu bedauern. Diese Entscheidung verhindert eine sinnvolle Umsetzung des Kostenverursachungsprinzips und führt die Baukalkulation in die betriebswirtschaftliche Vorzeit der ÖNORM B 2061 Ausgabe 1999 und davor zurück.

Verwaltungsgericht (wesentlicher Entscheidungssatz 2)

"Aufgrund der unzulässigen Umlagerung von Kosten (Mischkalkulation) bewirken aber etwaige Änderungen (zB Verringerungen) der Bauzeit und damit der anfallenden Baustellengemeinkosten keine Änderung des Preises. Umgekehrt bewirken anfallende Mengenänderungen auf Positionsebene Änderungen der über einen Zuschlag verrechneten Baustellengemeinkosten, auch wenn sich die Bauzeit und damit die anfallenden Baustellengemeinkosten tatsächlich nicht ändern. Darin liegt unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Beträge eine unzulässige Kostenverlagerung."

Die bestandsfesten Festlegungen einer Ausschreibung binden jedenfalls die Bieter und die Auftraggeberin dahingehend, dass die dort festgelegte Vorgangsweise einzuhalten ist (VwGH 2019/04/0083). Unter Vorgangsweise wird ua der Verfahrensablauf, aber auch die Ausschreibung an sich und natürlich die Ermittlung des zuschlagsbestimmenden Gesamtpreis [∑ (Menge x EHP)] verstanden. Weshalb dann Mengen- und Bauzeitvorgaben simuliert werden, ist nicht ganz erklärlich. Es gibt nämlich keine Art der Spekulation die bei Einhaltung der ausgeschriebenen Positionen, der Mengen und der Ausführungszeit aufgehen kann!

VGW: " … bewirken aber etwaige Änderungen (zB Verringerungen) der Bauzeit und damit der anfallenden Baustellengemeinkosten keine Änderung des Preises." In einer eindimensionalen und rein mathematischen Betrachtung ist die Darlegung zutreffend. Es wäre aber laienhaft anzunehmen, dass sich bei Verringerung der Bauzeit aber gleichem Leistungsvolumen (= Leistungsverdichtung) die zeitgebundenen BGK tatsächlich proportional der Bauzeitverkürzung verhalten. Da eine Leistungsabweichung (geänderte Bauzeit) vorliegt und sich die Kosten nicht proportional verändern, wird jener Unternehmer, der die zBGK pro Woche angeboten hat, eine Mehrkostenforderung stellen.

VGW: "Umgekehrt bewirken anfallende Mengenänderungen auf Positionsebene Änderungen der über einen Zuschlag verrechneten Baustellengemeinkosten, auch wenn sich die Bauzeit und damit die anfallenden Baustellengemeinkosten tatsächlich nicht ändern." In einer eindimensionalen und rein mathematischen Betrachtung ist die Darlegung zutreffend, betriebswirtschaftlich allerdings völlig falsch (wenngleich durch das Wort "tatsächlich", gewollt oder ungewollt, etwas relativiert). Man kann und darf nicht davon ausgehen, dass sich BGK pro Zeiteinheit unabhängig der Leistungsmenge verhalten. Die Kostenfunktion für zeitgebundene Baustellengemeinkosten erfasst als wesentliche Elemente Menge (Leistungsvolumen) und Bauzeit. Ich habe in meinem Buch (Keine) Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag darauf hingewiesen, und deshalb auch mehrerer Anpassungsmodelle vorgestellt (Seite 893ff).

Diese, die Entscheidung des VGW offenbar mit einem weiteren Argument stützende Erwägungen, wären wohl verzichtbar gewesen, hat doch schon der erste Entscheidungssatz ein eindeutiges Ergebnis ergeben.

Betriebswirtschaft, Kostenlehre und Kalkulation wird leider oft verkannt und laienhafte Bezüge, Argumente und dgl vorgebracht. Es steckt jedoch viel mehr hinter dieser Wissenschaft und ein paar Gemeinplätze sind als Erklärung niemals zutreffend. Auch Bieter müssen darauf achten, Aufklärungsersuchen fundiert zu beantworten, denn neue Argumente lassen sich in einem Nachprüfungsverfahren oft nicht mehr vorbringen.

PS: Die ausgeschriebenen Mengen von ca 3.000 m2 Lackbeschichtungen und ca. 13.000 m2 Dispersionsbeschichtung und 150 Wochen Bauzeit ergeben ein Arbeitsvolumen von ca 107 m2 pro Woche bzw ca 25 m2 pro Tag. Aber das ist wohl eine ganz andere Geschichte.

 

 

Quicklinks

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Eine Tool-Sammlung stellt nützliche Hilfen für Kalkulation und Nachtragsmanagement zur Verfügung. Ein für alle Branchen (Gewerbe, Kollektivverträge) verwendbares K3-Blatt-Kalkulationstool ist ebenfalls verfügbar.

Andreas Kropik

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