Bauvertrag, Mehrkosten, ÖNORM B 2110:
Bauablaufstörungen und Entgeltanpassung
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Info 04:
Bauablaufstörungen und
Entgeltanpassung
Bauvertrags und Nachtragsmanagement (2023)
(Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021)
Baukalkulation,
Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020)
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Typische Fälle von Ablaufstörungen bei der Bauabwicklung sind fehlende Vorleistungen, Verzögerungen bei der Beistellung von Plänen oder geänderte Umstände der Leistungserbringung wie zB eine fehlende serielle Abwicklung der einzelnen Arbeitsstellen, versperrte Wege, Baugrundverhältnisse, Witterung, der tiefere Künettenaushub udgl. Nur in seltenen Fällen können die Auswirkungen auf das Entgelt weitgehend punktgenau mittels eines Einzelstörungsnachweises, der aus rechtlicher Sicht gerne favorisiert wird, belegt werden. Die aus der Störung resultierende schlechte Produktivität vermischt sich im Regelfall mit der SOLL-Produktivität. Nur abgrenzbare Auswirkungen (dazu zählen zB Wartezeiten) lassen sich mit Einzelnachweisen belegen. Vermischt sich aber die Auswirkung mit der Produktionsleistung für andere Leistungen oder überlagern sich Auswirkungen mehrerer Störungen, so muss auf andere Methoden zurückgegriffen werden. Das gilt auch für Fälle, in denen keine Kalkulation und damit auch keine Preisgrundlagen (K-Blätter) oder überhaupt keine Einzelpreise offenliegen (zB bei einem Globalpauschalvertrag).
Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass dem fordernden Auftragnehmer der Beweis des Anspruchsgrunds obliegt. Dafür muss der Beweis, dass eine Störung aus der Sphäre des Auftraggebers eingetreten ist und dass diese einen Einfluss auf den Arbeitsablauf hat, gelingen (anspruchsbegründender Beweis). Konfliktpunkt dabei ist häufig, was Inhalt des Bau-SOLL ist, etwa welche Umstände der Leistungserbringung mit den vereinbarten Preisen bereits abgedeckt sind (Hinweis: Kapitel 16.5.6 im Buch (Keine) Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag beschäftigt sich mit der Frage von welchem Bauablauf und welchen Bauumständen der AN ausgehen kann). Die weiteren Folgen – Auswirkung auf den Produktionsmitteleinsatz, und die Zeit (der anspruchsausfüllende Beweis) – entziehen sich strengen Kausalitätsfolgen. Diese Darstellungen müssen plausibel sein. Mehrkosten lassen sich nie exakt ermitteln. Eine Behauptung, dass sich Mehrkosten, die aus einer Leistungsabweichung resultieren, punktgenau festlegen ließen, ist vermessen. Mögliche Methoden der Berechnung sind nachfolgend kurz vorgestellt:
Voraussetzung, um überhaupt einen Einzelnachweis führen zu
können, ist die Möglichkeit der Separierbarkeit. Die "Mehr"-Kosten
müssen von jenen Kosten, die auch ohne Behinderung angefallen wären, separiert
werden können. Beispiel: Eine wegen einer Leistungsstörung auf Beschäftigung
wartende Partie. Die Stunden der Wartezeit werden gezählt und mit einem
Kostenansatz bewertet. Die mit dem Kostenansatz bewertete separierte Wartezeit stellt
die Kosten dar. Auch manche nicht erlösbringenden Zeiten, zB Wegzeiten wegen
ungeplantem Umsetzen der Arbeitspartie, lassen sich, mit etwas Mühe und
Aufwand, durchaus dokumentieren und die Mehrkosten in Form von Einzelnachweisen
belegen. In manchen Fällen kann der "repräsentative"
Einzelnachweis, samt Hochrechnung auf die Summe aller vergleichbaren
Einzelstörungen, den Aufwand mindern.
Die
baubetriebliche Forschung hat Abhängigkeiten erforscht, welche
Produktivitätsminderung bei welchen Störungseinflüssen auftreten (kann).
Beispielsweise gibt es Kennzahlen zum Produktivitätsverlust wegen
Witterungseinflüsse, Verlängerung der täglichen Arbeitszeit usw. Die Existenz
von Kennzahlen hat den Vorteil, dass Trends und Größenordnungen aufgezeigt
werden, was auch Schätzungen erleichtert. In manchen Fällen, zB bei
Pauschalpreisen, stehen oft gar keine anderen Abschätzungsgrößen zur Verfügung.
Die in der Regel in einer Bandbreite publizierten Werte müssen sachgerecht
angewandt werden. Es ist erforderlich die Ergebnisse aus der Kennzahlenmethode
mit der Bauwirklichkeit in Einklang zu bringen. Die Bauwirtschaftslehre
vertritt daher den Methodenmix und kombiniert die Kennzahlenmethode gerne mit
anderen Methoden, insbesondere mit dem SOLLTE-IST-Vergleich.
Produktivitätsverlust
bei Mehrarbeit und Überstunden siehe TOOLBOX
Tool Nr 07.
SOLLTE-IST-Vergleich
Einem
SOLLTE-IST-Vergleich können verschiedene Werte zugrunde liegen (Stunden, Materialmengen usw). Beispiel: Ist die
Leistungsmenge z. B. 1.000 Einheiten (EH) und der Kalkulationsansatz 1 Std/EH
so enthält die Kalkulation 1.000 Stunden und mit der Vergütung des
Vertragspreises erntet der Unternehmer auch den Gegenwert für den Aufwand von
1.000 Stunden. Da aber die geleistete Menge oft von der ursprünglich
vereinbarten Menge abweicht, muss die tatsächliche Leistung (IST-Menge) mit den
kalkulierten Ansätzen (SOLL-Aufwandswerte) verknüpft werden, was den
sogenannten SOLLTE-Wert ergibt. Erst dieser SOLLTE-Wert kann dem IST-Wert
gegenübergestellt werden (z. B. Stunden gemäß Bautagesberichte). Die große
Herausforderung bei diesem Vergleich sind die erforderlichen Abgrenzungen
(Zusatzleistungen, Regieleistungen oder Subunternehmer) und aussagefähig
geführte BTB. Gleiches muss mit Gleichem verglichen werden.
Das Ergebnis
des SOLLTE-IST-Vergleichs gibt keine Aussage darüber, wer von den
Vertragspartnern ein allfälliges negatives Delta zu tragen hat. Mögliche
Auswirkungen des Kalkulationsrisikos und des Dispositionsrisikos als Risiko in
der Sphäre des AN vermengen sich im SOLLTE-IST-Vergleich mit Einflüssen aus der
Sphäre des AG.
Ungeachtet
dieses Mankos wird diese Methode auch bei Gericht anerkannt (z. B. (deutscher) BGH vom 20.02.1986, VII ZR 286/84). Trotz der pauschalen
Berechnungsmethode ist damit der Schaden hinreichend vorgetragen. Eine weitere
Aufgliederung, etwa in dem Sinne, dass der AN im Einzelnen darlegen müsste, an
welchen Tagen genau welche Arbeitskräfte nicht voll beschäftigt waren und wie
viele Arbeitskräfte deshalb an anderen Tagen zusätzlich notwendig waren, könne
nicht ohne weiteres verlangt werden.
Bei dieser
Methode wird die in einem gestörten Abschnitt (Leistungsperiode bzw. -teil)
erzielte Produktivität jener in einem ungestörten Abschnitt gegenübergestellt.
Die Abweichung zwischen der Produktivität wird als Verlust, der ausschließlich
durch die Behinderung hervorgerufen wurde, betrachtet.
Die
Referenzstreckenmethode hat den Vorteil, dass keine abstrakten Kennzahlen für
die Berechnung des Produktivitätsverlustes herangezogen werden oder pauschal
mit dem Ergebnis des SOLLTE-IST-Vergleichs ein Verlust ausgewiesen wird. So
überzeugend diese Methode auch sein mag, scheitert ihre Anwendung zumeist an
fehlenden Daten und/oder überhaupt am Vorliegen einer geeigneten (ungestörten
bzw sachlich vergleichbaren) Referenzstrecke.
Zusammenfassung und Empfehlung
Bauunternehmern
ist anzuraten den Bauablauf genau zu dokumentieren und bei Abweichungen vom
vereinbarten und geplanten Bauprogramm auf die weiteren notwendigen Schritte zu
achten. Insbesondere kommt der Willensbekundung, auf eine Entgelt- und
Fristanpassung nicht zu verzichten (Anzeigepflicht!), große Bedeutung zu. Zur
erfolgreichen Geltendmachung von Mehrkosten sind sowohl rechtliches als auch
wirtschaftliches Verständnis notwendig.
Themenrelevantes Inhaltsverzeichnis aus (Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag:
16.5 Grundvoraussetzung:
Die Abweichung vom Bau-SOLL
16.5.1 Abweichung vom Bau-SOLL
und Auswirkungen
16.5.2 Bau-SOLL und die Umstände
der Leistungserbringung
16.5.3 Offen liegende Kalkulation
und Preisermittlungsgrundlagen
16.5.4 Detaillierungsgrad und
Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung
16.5.5 Kalkulationsrisiko versus
Beschreibungsrisiko
16.5.6 Von welchem Bauablauf und
welchen Bauumständen kann der AN ausgehen?
16.5.7 Bau-IST
20 DER
PRODUKTIVITÄTSVERLUST
20.1 Verbreitetes
Unverständnis über die Bedeutung der Produktivität
20.2 Definition von
Produktivität
20.3 Produktivitätsminderung
im gestörten Bauablauf
20.4 Methoden zur Bestimmung
eines Produktivitätsverlustes
20.4.1 Einzelstörungsnachweis
20.4.2 Repräsentativer
Einzelstörungsnachweis
20.4.3 Kennzahlenmethode
20.4.4 Der
Stunden-SOLLTE-IST-Vergleich
20.4.5 Referenzstreckenmethode
21 PRODUKTIVITÄTSÄNDERUNG – RICHTWERTE, FORMELN UND MODELLE
21.1 Problemstellung
21.2 Mehrarbeit und Überstunden
21.2.1 Produktivitätsveränderung
21.2.2 Formel nach Kropik
21.2.3 Rechtlicher Rahmen für die
Ausdehnung der Arbeitszeit
21.2.4 Faktorkosten – die
Veränderung des Mittellohnpreises
21.2.5 Beispiele und praktische
Hinweise
21.3 Witterungseinflüsse
21.3.1 ÖNORM B 2110:
außergewöhnliche Witterungsverhältnisse
21.3.1.1 Anspruchsvoraussetzung:
10-jählichkeit des Ereignisses
21.3.1.2 Bestimmung des relevanten
Witterungselements
21.3.1.3 Exkurs; Schlechtwettertage
Bau
21.3.1.4 Betrachtungszeitraum
21.3.1.5 Ermittlung der
Fristverlängerung wegen außergewöhnlicher Witterungsereignisse
21.3.2 Produktivitätsveränderung
21.3.3 Technischer und
ablaufbedingter Rahmen
21.3.4 Faktorkosten
21.3.5 Außergewöhnliche Witterung
– Beispiele und praktische Hinweise
21.3.6 Verschiebung der Leistung
in eine schlechtere Witterungsperiode
21.4 Veränderung der Anzahl der Beschäftigten
21.4.1 Produktivität
21.4.2 Leistungsverdichtung –
Beschleunigung der Leistungserbringung
21.4.3 Leistungsverdünnung als
Folge einer Leistungsstörung
21.5 Einarbeitung
21.5.1 Tätigkeitsbezogene
Einarbeitung
21.5.2 Organisatorische
Einarbeitung
21.5.3 Resümee
21.6 Diskontinuierlicher Arbeitseinsatz
21.6.1 Produktivität
21.6.2 Rechtlicher Rahmen
21.6.3 Beispiele und praktische
Hinweise
21.7 Produktivitätsverminderung bei Betriebsmitteln (Anlagen und Geräte)
21.8 Produktivitätsverlust und
verlorene Gemeinkostendeckung Material
21.8.1 Wirtschaftlicher
Hintergrund
21.8.2 Beispiele und praktische
Hinweise
Beitrag vom 14.01.2022
Quicklinks
Eine Tool-Sammlung stellt nützliche Hilfen
für Kalkulation und Nachtragsmanagement zur Verfügung. Ein für alle
Branchen (Gewerbe, Kollektivverträge) verwendbares K3-Blatt-Kalkulationstool ist ebenfalls verfügbar.