ÖNORM B 2061, K-Blätter, BVergG:
Mangelhafte K-Blätter – Ausscheiden des Angebots
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Info 07:
Ausscheiden des Angebots wegen fehlender K-Blätter, Widersprüchen oder fehlerhafter Kalkulation
Bauvertrags und Nachtragsmanagement (2023)
(Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021)
Baukalkulation,
Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020)
Alle Bücher im
Überblick finden Sie unter Publikationen
Das
Bundesvergabegesetz (BVergG) sieht gewisse Anforderungen an Angebote und
Preisprüfung vor. Fehlerhafte Angebote können zu einem Ausscheiden des Angebotes
führen.
Besonders
Bauleistungen stehen im Focus.
Folgender
Grundsatz ist zu beachten: Eine Mangelbehebung darf einen Bieter im Wettbewerb
nicht materiell besser stellen.
Nachfolgend
sind einige Konstellationen und die Folgen für das Angebot erörtert. Die
Judikatur ist in vielen Fällen allerdings nicht eindeutig!
Die Ausschreibung fordert die Abgabe von K-Blättern mit
dem Angebot. Der Bieter legt dem Angebot die geforderten K-Blätter nicht bei:
Es
liegt grundsätzlich ein behebbarer Mangel vor. Die K-Blätter müssen dafür, nach Nachfrage des AG,
nachgereicht werden.
Eine
nachträgliche Vorlage von K-Blättern stellt keine materielle Verbesserung der
Wettbewerbsstellung des Bieters dar. Nachträglich vorgelegte K-Blätter
verändern nicht die Preise, sondern dienen nur ihrer näheren Aufgliederung.
(Von dieser (Judikatur-)Linie ist das LVwG NÖ
kürzlich abgewichen; LVwG-VG-2/002-2021 vom 12.5.2021.)
Qualifiziert
die Ausschreibung geforderte, jedoch fehlende K-Blätter mit einem unbehebbaren Mangel, so ist das Angebot
zwingend auszuscheiden.
Redundante Angaben in K-Blätter lassen sich
nicht in Deckung bringen:
Ist im K3-Blatt ein Mittellohnpreis ausgewiesen, aber im K7-Blatt mit
einem anderen gerechnet, deckt sich der im K2-Blatt angeführte Gesamtzuschlag
nicht mit jenem im K3-Blatt, K4-Blatt oder K7-Blatt udgl liegt nach außen hin
ein Übertragungsfehler, ein Erklärungsirrtum, vor. Da es sich, wegen der vor
Vertragsabschluss offen liegenden Kalkulation, um einen relevanten
Geschäftsirrtum handelt, liegt ein mit einem relevanten Irrtum behaftetes
Angebot (Kalkulation) vor. Grundsätzlich handelt es sich um einen unbehebbaren
Mangel.
Fehlende Angaben zu Kostengrundlagen im
Angebotsformular:
Im Angebotsformular sind oft Felder für die Angabe der Höhe der
Mittellohnkosten, des Gesamtzuschlags auf Materialkosten, auf die
Mittellohnkosten usw anzugeben. Fehlen diese Angaben,
gelten die Ausführungen zu fehlenden K-Blättern sinngemäß.
Fehlen diese Angaben und liegen K-Blätter vor aus denen sich die
geforderten Angaben ablesen lassen, liegt gar kein Angebotsmangel vor. In die
Felder des Angebotsformulars hätte der Bieter ohnehin keine anderen Werte als
jene gemäß der K-Blätter einsetzen dürfen.
Weichen die Werte im Angebotsformular von jenen in den K-Blättern ab,
liegen redundante, nicht in Deckung zu bringende Angaben vor (siehe oben).
Verlangt der AG ohnehin die Vorlage von K-Blättern mit dem Angebot, so
müssen in der Regel die Felder im Angebotsformular gar nicht ausgefüllt werden,
solange sich alle geforderten Angaben aus den offen liegenden K-Blättern
ergeben.
Da ein Bieter auch unterschiedliche Gesamtzuschläge auf einzelne
Kostenträger kalkulieren kann oder auch im K7-Blatt mehrere Mittellohnpreise
zum Ansatz bringen kann, kann diese Vielzahl nicht im Angebotsformular erfasst
werden. Dann empfiehlt es sich entweder die entsprechenden K-Blätter offen zu
legen (und im Begleitschreiben darauf hinzuweisen) oder die geforderten Angaben
in einem Begleitschreiben im Sinne des Angebotsformulars festzuhalten.
Unplausible Kalkulationsansätze:
Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung ist die Frage zu klären, ob
Kalkulationsansätze betriebswirtschaftlich erklärbar sind. Dazu muss der AG dem
Bieter die Möglichkeit geben, die angebotenen Preise zu erklären.
Es bestehen generelle und spezifische betriebswirtschaftliche
Erklärungsmöglichkeiten. Im Buch Baukalkulation,
Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020) widmet sich ein eigenes Kapitel der
Preisrechtfertigung!
Insbesondere die Übertragung von Risiken oder Preisschwellen (zB
"Der Preis der LG 01 Baustellengemeinkosten darf nicht mehr als 12% des
Gesamtpreises betragen, anderenfalls eine unplausible Preisgestaltung vorliegt
und das Angebot ausgeschieden wird.") eröffnen ein breites Argumentationsfeld
für den Bieter.
Fehlerhafte
K3-Blätter:
Die Kalkulation des Mittellohnpreises (K3-Blatt) lässt
sich idR "leichter" prüfen als eine
Detailkalkulation. Die Höhe der KV-Löhne oder die Höhe der DPNK können (müssen)
punktgenau erklärbar sein. Aber auch andere Ansätze müssen plausibel sein und
durch Berechnungen, ausgehend von den kollektivvertraglichen Grundlagen,
erklärbar sein.
Es ist daher nicht ratsam Kalkulationswerte (Ansätze für die einzelnen
Zeilen des K3-Blattes) einfach zu schätzen. Sie sollten daher tatsächlich
kalkuliert werden.
Im abgebildeten K3-Blatt sind die Felder nach dem Ampelsystem markiert
(Generell: Rot bedeutet Achtung! Grün bedeutet Kalkulationsfreiheit). Im
Detail:
Rot bedeutet, dass die Angabe (zB der KollV, die KV-Sätze) zutreffend
sein muss bzw im Rahmen der Angebotsprüfung leicht kontrollierbar ist. Bei
Nachfragen muss der Wert genau erklärbar sein, da er sich aus offen liegenden
Daten (KollV, SV-Werte) errechnen lassen muss.
Gelb bedeutet, der Wert muss plausibel erklärbar sein; die
Erklärungsmöglichkeiten schränken die Bandbreite für einen plausiblen Wert
jedoch ein.
Grün bedeutet, dass der Wert vom Unternehmer sehr individuell angenommen
werden kann (er ergibt sich aus internen Überlegungen). Betriebswirtschaftlich
erklärbar muss der Wert trotzdem sein; die Bandbreite ist größer als bei gelben
Feldern.
Praxistipps:
Genau lesen, was die Ausschreibung bezüglich Kalkulationsangaben und
K-Blätter verlangt.
Bei unklaren Festlegungen in der Ausschreibung, sollte beim Auftraggeber
nachgefragt werden. Um klare Antworten zu erzwingen, kann die eigene Auslegung
in der Anfrage gleich mitgegeben werden. (Es soll nämlich vorkommen, dass
Antworten einfach lauten "Siehe Ausschreibung.").
Sind K-Blätter bereits mit dem Angebot vorzulegen, sollten die K-Blätter
auch vollständig mit dem Angebot vorgelegt werden. Erklärungs- und
Erläuterungszeilen in den K7-Blättern sind aufmerksam zu prüfen. Sie dürfen –
was wegen der Übernahme aus anderen Kalkulationen manchmal geschieht – keine
von der Ausschreibung abweichenden Feststellungen enthalten. Gegebenenfalls
sind diese Zeilen auszublenden.
Wir mit mehreren Mittellohnpreisen kalkuliert (zB MLP Erdarbeiten, MLP
Betonarbeiten usw) muss jeder MLP, falls die Vorlage des K3-Blattes verlangt
wird, mit einem eigenen K3-Blatt nachgewiesen werden.
Regielohnkalkulationen und Mittellohnpreiskalkulationen sind nicht
vollkommen unabhängig voneinander (siehe K3-Kalkulationstool). Preissteuernd kann zB mit
unterschiedlichen Gesamtzuschlägen (K2-Blatt) gearbeitet werden (eigener GZ für
Regielohn) oder für niedrige Beschäftigungsgruppen mit Umlage anteiliger
Aufsicht (Ausschreibungsbedingungen betreffend Vergütung von Aufsicht bei
Regiearbeit beachten!).
Hilfsmittel:
Im K3-Blatt Kalkulationstool
sind gewisse Prüfroutinen eingebaut. Sie versuchen unplausible Eingaben bereits
im Vorfeld abzufangen (siehe auch das Blatt "Report").
Beispielkalkulationen erleichtern die K3-Kalkulation. Weitere Informationen …
Überleitung
Kostenrechnung in Werte für das K2- und K3-Blatt: Weitere
Informationen in der TOOLBOX
Tool Nr 04.
Berechnung der Höhe der Umgelegten
Personalnebenkosten: Weitere Informationen in der TOOLBOX Tool Nr
03.
Weitere Ausführungen zur Kalkulation von Bauleistungen und insbesondere
auch zur Preisprüfung und Preisrechtfertigung in Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B 2061 (2020). Das
Inhaltsverzeichnis zu diesem Spezialthema:
22 Angebotsprüfung
und Preisrechtfertigung (BVergG)
22.1 Grundlage § 137 BVergG
22.2 Die allgemeine
Preisangemessenheitsprüfung
22.3 Die vertiefte
Angebotsprüfung
22.3.1 Grundsätzliches
22.3.2 Aufforderung um Aufklärung
22.3.3 Die
betriebswirtschaftliche Erklärung
Beitrag vom
17.01.2022
Quicklinks
Die Baukalkulation und viele damit zusammenhängende Themen sind im Buch Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B 2061
behandelt.
Das Thema Ausschreibung
von Bauleistungen, Gestaltung von Verträgen und Fragen um gestörten Bauablauf, Mehrkostenforderungen
etc sind im Buch (Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag ausführlich, und mit vielen
Beispielen sehr praxisnahe erklärt.
Eine Tool-Sammlung stellt nützliche Hilfen
für Kalkulation und Nachtragsmanagement zur Verfügung. Ein für alle
Branchen (Gewerbe, Kollektivverträge) verwendbares K3-Blatt-Kalkulationstool ist ebenfalls verfügbar.