Infobox 06: Bauvertrag & ÖNORM B 2110 –
Das Risiko von Materialpreissteigerungen insbes bei Mengenmehrungen
Intro: Die
Ausarbeitung behandelt die Regelungen zu Materialpreissteigerungen und
Mengenmehrungen im Bauvertrag gemäß der ÖNORM B 2110. Wesentliche Punkte sind:
1.
Verantwortung des Auftraggebers (AG): Der AG muss sicherstellen, dass die
Ausschreibung korrekt und vollständig ist. Der Auftragnehmer (AN) kann auf die
Richtigkeit dieser Informationen vertrauen.
2.
Risikoverteilung: Kommt es zu einer fehlerhaften Ausschreibung, trägt der AG
die finanziellen Risiken, die aus Materialpreissteigerungen und
Mengenänderungen resultieren.
3.
Kalkulationsrisiko: Bei Festpreisverträgen trägt der AN das Risiko von
Materialpreiserhöhungen, während bei veränderlichen Preisen das Risiko zwischen
den Vertragspartnern aufgeteilt wird.
4.
Entschädigung: Der AN kann eine angemessene Entschädigung für Mehrkosten
fordern, die auf Umständen basieren, die der AG zu vertreten hat.
Diese
Aspekte helfen, die Rechte und Pflichten im Bauvertrag klar zu definieren.
Sehen Sie links keine Auswahlliste der Infobox, klicken Sie bitte hier!
Die Bauwirtschafts- und
Bauvertragsserie
Bauvertrags und Nachtragsmanagement (2023)
(Keine) Mehrkostenforderungen beim
Bauvertrag (2021)
Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B
2061 (2020)
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Es ist
davon auszugehen, dass der Werkbesteller die in seiner Sphäre liegenden
Voraussetzungen mit aller gebotenen Sorgfalt erstellt und überprüft hat. Dazu
zählt auch die Beschreibung der Leistung, das Leistungsverzeichnis und die
angegebenen Mengen. Der Werkunternehmer darf daher darauf vertrauen, dass die
für die bestellte Leistung erforderlichen Voraussetzungen auf Seite des
Werkbestellers vorliegen, sofern der Werkbesteller nicht darauf hinweist, dass
diesbezüglich Unklarheiten bestehen (zB OGH 7 Ob 140/98h). Dass eine vom AG erstellte Ausschreibung zu
einem für ihn missglückten
wirtschaftlichen Ergebnis führt, etwa weil er Leistungen in der
Leistungsbeschreibung vergessen hat oder nicht zutreffende
Gutachten beigestellt hat, kann nicht so ohne weiteres
zum wirtschaftlichen Risiko des AN werden. Der typische Abwicklungsprozess,
Ausschreibung des AG und Angebot des Unternehmers entspricht einer
Arbeitsteilung. Der Bieter darf grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben
in der Ausschreibung vertrauen (OGH 5 Ob 177, 178/74). Es gilt daher die
Vollständigkeitsvermutung für eine vom AG sachverständig erstellte
Leistungsbeschreibung (Vgl Kropik, (Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021), Seite 161).
Die
Sphärenverteilung (§ 1168 ABGB) bringt zum Ausdruck, dass der AG Umstände zu
vertreten hat die "auf seiner Seite liegen". Wird der Unternehmer
durch solche Umstände bei der Ausführung der Leistung "verkürzt", so
gebührt ihm eine angemessene Entschädigung. Zeitliche und monetäre Folgen hat
der AG zu tragen. Unter "Verkürzung" ist nicht nur eine zeitliche
Folge (Behinderung) und deren Kostenauswirkung zu verstehen, sondern auch
lediglich monetäre Mehraufwendungen (vgl etwa
RIS-Justiz RS0021782).
Die ÖNORM
B 2110 weist das Risiko der Richtigkeit der Ausschreibung dem AG zu. Sie
unterscheidet sich diesbezüglich von der gesetzlichen Normallage (ABGB) nicht.
Trägt der AG auch das (zufällig) eintretende Risiko von Mehrkosten wegen
Materialpreissteigerungen bei Mehrmengen oder bei einer Bauzeitverlängerung?
Der AG
hat, liegen die Umstände für die Umstände die zum
Schlagend werden der Mehrkosten führen, auch die
(zufällig) eingetretenen Materialpreissteigerungen zu tragen. Umstände, die von
keiner Vertragspartei selbst verursacht sind (die Materialpreissteigerung), ist
jener Vertragspartei zuzurechnen, die überhaupt erst den Anstoß für die
Auswirkung dieser Umstände gegeben hat (OGH 5 Ob 519/85; siehe auch Kropik, (Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021), Seite 316).
In die
Sphäre des AG fällt das Beschreibungsrisikos der Leistung, in die Sphäre des AG
das Kalkulationsrisiko.
Das Kalkulationsrisiko
Beim
Kalkulationsrisiko spielt insbesondere die Abgrenzung vom Beschreibungsrisiko
des AG eine zentrale Rolle.
Sind
Festpreise vereinbart, trägt der AN grundsätzlich das Festpreisrisiko. Er kann
Materialpreiserhöhungen grundsätzlich nicht geltend machen.
Sind
veränderliche Preise vereinbart, tragen die Vertragspartner das Risiko dafür,
dass der vereinbarte Index die Kostenveränderungen (halbwegs) richtig
wiedergibt.
Das
Kalkulationsrisiko des AN wird durch das Beschreibungsrisiko des AG begrenzt.
Wenn sich das Kalkulationsrisiko daher aufgrund einer fehlerhaften Beschreibung
durch den AG realisiert, trägt der AG die Preisgefahr (Herrmann, Risikoüberwälzung beim Bauwerkvertrag (2018),
Seite 129; ebenso Kropik, (Keine Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag (2021),
Seite 501).
Daher gilt folgender
Grundsatz:
Treffen
Mehrmengen auf außergewöhnliche Kostensteigerungen so kann …
… bei einem Festpreisvertrag neben dem
vertraglich vereinbarten Einheitspreis vom AN für die Mehrmenge eine
zusätzliche Vergütung zur Abdeckung der Mehrkosten gefordert werden. (Weitere
Informationen zum
Festpreisvertrag …)
… bei einem Vertrag zu veränderlichen Preisen,
für den Fall des Versagens der Preisumrechnung eine zusätzliche Vergütung
gefordert werden.
Für die
vereinbarten Mengen trägt der AN das Preisrisiko (zB Festpreisrisiko). Anders
gilt für die über die LV-Mengen hinausgehenden Mengen.
Weiterer Informationen:
Siehe auch: Rechtgutachten von Univ.-Prof.
Dr. Andreas Kletečka zur Frage der
Möglichkeit einer einseitigen Vertragsanpassung bzw Vertragsauflösung eines
Bauvertrages bei unvorhersehbarer nachträglicher Änderung der Preise und/oder
Verfügbarkeit von Baustoffen (https://www.wko.at/branchen/gewerbe-handwerk/bau/gutachten-lieferengpaesse-preissteigerungen.pdf).
Leitfaden
von der ÖBV (Abruf
15.01.2022): Download
der Fassung von 12.2021 (.pdf)
Kalkulation des Festpreiszuschlags sie TOOLBOX Tool Nr 05.
Weitere Ausführungen und Rechenbeispiele dazu in
(Keine)
Mehrkostenforderungen beim Bauvertrag. Das
Inhaltsverzeichnis dazu:
9 FESTPREIS ODER VERÄNDERLICHER PREIS
9.1 Definition: Festpreis
und veränderlicher Preis
9.2 Geltung von Festpreisen
bzw von veränderlichen Preisen
9.3 Festpreisphase mit
anschließender Gleitpreisphase
9.4 Festpreise und
Fristüberschreitung die der AG zu vertreten hat
9.4.1 Rechtliche Grundlagen 316
9.4.2 Anspruchsgrundlage B 2110 Abschnitt
6.3.1.2 oder Abschnitt 7 oder § 1168 Abs 1 ABGB
9.4.3 Berechnung nach ÖNORM B
2110 Abschnitt 6.3.1.2 iVm ÖNORM B 2111
9.4.4 Berechnung nach ÖNORM B
2110 Abschnitt 7 bzw § 1168 ABGB
9.5 Festpreis und
verschobenes Leistungsgebirges 325
10 PREISUMRECHNUNG NACH DER ÖNORM B 2111
10.1 ÖNORM B 2111
10.2 Preisumrechnungsgrundlagen
10.2.1 Zu Indizes
10.2.1.1 Wahl einer
Preisumrechnungsgrundlage
10.2.1.2 Folgen bei Vereinbarung
einer unzutreffenden Preisumrechnungsgrundlage
10.2.2 Rückwirkende Veränderung
von Preisumrechnungsgrundlagen
10.3 Versagen der
Preisumrechnung wegen diskontinuierlichem Materialeinsatz
10.4 Versagen wegen
unzutreffender Zusammensetzung des Warenkorbs
10.5 Mengenänderung und
Auswirkung auf das Beschaffungspreisrisiko
Beispiel
9.1: Festpreise samt Verweis auf die ÖNORM B 2110 (OGH 3 Ob 71/14h)
Beispiel 9.2: Auslegung einer Vertragsklausel über die Festpreisbindung (OGH 6
Ob 662/86)
Beispiel 9.3: Auslegung einer Vertragsklausel über die Festpreisbindung (OGH 6
Ob 573/85)
Beispiel 9.4: Auslegung einer Vertragsklausel über die Festpreisbindung (OLG
Graz 5 R 230/95)
Beispiel 9.5: Festpreisvertrag und Fristverlängerung (B 2110 Abschnitt 6.3.1.2)
– Bestimmung der Preisbasis Variante 1 (Mitte des Zeitraums)
Beispiel 9.6: Festpreisvertrag und Fristverlängerung (B 2110 Abschnitt 6.3.1.2)
– Bestimmung der Preisbasis Variante 2 (gewichteter Indexwert)
Beispiel 9.7: Festpreisvertrag und Fristverlängerung; Berechnungsverfahren B
2110 Abschnitt 7 bzw § 1168 ABGB
Beispiel 9.8: Festpreise und Änderung des Leistungsgebirges (1)
Beispiel 9.9: Festpreise und Änderung des Leistungsgebirges (2)
Beispiel 10.1: Preisumrechnung nach der ÖNORM B 2111:2007
Beispiel 10.2: Geeignete Preisumrechnungsgrundlage
Beispiel 10.3: Unzutreffende Preisumrechnungsgrundlage muss nicht sittenwidrig
sein (OGH 6 Ob 70/13g)
Beispiel 10.4: Versagen der Preisumrechnung trotz sachlich zutreffendem Index
Beispiel 10.5: Einbeziehen einer "neuen Kostenart" in die
Preisumrechnung gemäß ÖNORM B 2111:2007
Beispiel 10.6: Einbeziehung einer neuen Kostenart in die Preisumrechnung gemäß
ÖNORM B 2111:2007 – Versagen der Regelung
Beispiel 10.7: Mengenmehrung und unpassende Preisumrechnungsgrundlage
Beitrag vom
15.01.2022
Quicklinks
Eine Tool-Sammlung stellt nützliche Hilfen
für Kalkulation und Nachtragsmanagement zur Verfügung. Ein für alle
Branchen (Gewerbe, Kollektivverträge) verwendbares K3-Blatt-Kalkulationstool ist ebenfalls verfügbar.